Publikationen
Forschungsergebnisse aus Cambodunum
Ludwig Ohlenroth (†) und Sebastian Schmid
"Die italische Terra Sigillata mit Auflagenverzierung"
Die posthume Veröffentlichung „Die italische Terra Sigillata mit Auflagenverzierung“ des in Kempten tätigen Archäologen Ludwig Ohlenroth (1892-1959) rückt Kempten als Forschungsstandort weiter in den Fokus der Wissenschaft.
Das für die Wissenschaft bedeutende Bestimmungswerk „Die italische Terra Sigillata mit Auflagenverzierung“ des vor fast 65 Jahren verstorbenen Forschers beschäftigt sich mit einer auch in Cambodunum in großen Mengen gefundenen hochwertigen römischen Keramik, der sog. Italischen Terra Sigillata. Ohlenroth war über mehrere Jahrzehnte als Ausgrabungsleiter und Denkmalpfleger in Augsburg und vor allem auch in Kempten tätig. Unter seiner Leitung wurde in den Jahren 1936 bis 1942 unter anderem der gallo-römische Tempelbezirk erstmals in großen Teilen ergraben und wissenschaftlich aufgenommen. Durch seine Ausgrabungen ist dem Forscher auch die kunsthistorische Bedeutung der Fundgattung „Terra Sigillata“ bewusst geworden, welche im Zentrum seines Forschungsinteresses stand. Über mehrere Jahrzehnte baute Ohlenroth durch Reisen zu zahlreichen europäischen Museen seine Sammlung der applikenverzierten Sigillata auf. Ein Ausgangspunkt dieses bahnbrechenden Forschungsprojektes war Kempten. Leider war es Ohlenroth aber nicht möglich, es zum Abschluss zu bringen und seine Ergebnisse zu publizieren.
Ohlenroths Aufzeichnungen hat nun Dr. Sebastian Schmid von der Provinzialrömischen Archäologie der Ludwig-Maximilians-Universität München fast 65 Jahre nach dessen Tod überarbeitet, abgeschlossen und durch zahlreiche neue Farbfotos sowie Beiträgen zu Leben und Werk Ohlenroths ergänzt. In dieser Publikation, dem 9. Band der Cambodunumforschungen, sind auf mehr als 1200 Gefäßen insgesamt über 900 unterschiedliche Applikentypen dokumentiert. Unter den Darstellungen befinden sich nicht nur auch in Kempten häufig belegte Motive wie Masken, Hunde, Löwen und Delfine oder Rosetten, sondern auch außergewöhnliche Darstellungen figürlicher Art. Hierzu zählt auch die aus Cambodunum bekannte Applike der römischen Siegesgöttin auf ihrem Streitwagen, der Victoria in einer Biga.
Die Bedeutung archäologischer Forschung für Kempten
Der Archäologe Ludwig Ohlenroth zählt neben dem Heimatforscher August Ullrich und dem Prähistoriker Paul Reinecke zu den wichtigsten Größen, welche das römische Kempten für die internationale Forschung zugänglich gemacht haben. Die Rolle der Archäologie und ihrer Vertreter im Allgäu während des NS-Regimes ist bisher nicht ausreichend erforscht. Ohlenroth selbst trat 1940 der NSDAP bei und war anschließend 3. Gauheimatpfleger, zuständig für Schwaben.
Seit Gründung der Stadtarchäologie in Kempten 1982 hat sich Dr. Gerhard Weber bis 2015 maßgeblich um den Forschungsstandort Kempten verdient gemacht. Die derzeitige Leiterin des Archäologischen Parks Cambodunum und der Archäologie in Kempten Dr. Maike Sieler sichtete den lange Jahrzehnte unbeachtet gelassenen Nachlass von Ludwig Ohlenroth im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und erkannte dessen wissenschaftliche Bedeutung. Das von ihr angestoßene Publikationsprojekt wurde von der Stadt Kempten organisatorisch und auch finanziell unterstützt. „Zusammen mit den sensationellen Ergebnissen der Ausgrabungen im Stadtkern des antiken Cambodunum zeigt die Publikation der Aufzeichnungen Ludwig Ohlenroths die Bedeutung Kemptens als Standort archäologischer Forschung und als Wiege der Stadtkultur nördlich der Alpen“, so Thomas Kiechle, Oberbürgermeister der Stadt Kempten.
Bei der Pressevorstellung der Publikation im Kemptener Rathaus v.l.n.r.: Dr. Sebastian Schmid (Co-Autor und Mit-Herausgeber), Oberbürgermeister Thomas Kiechle, Prof. Dr. Michael Mackensen (Herausgeber) und Kulturamtsleiter Martin Fink.
Informationen zur Publikation:
Ohlenroth, Ludwig (†); Schmid, Sebastian: Die italische Terra Sigillata mit Auflagenverzierung. Katalog der Applikenmotive. Münchner Beiträge zur provinzialrömischen Archäologie, Band 3
Hrsg. von Prof. Dr. Michael Mackensen; Dr. Sebastian Schmid
Erschienen im Reichert Verlag, Wiesbaden 2024